Cardorado Luzern


Erschienen in der Luzerner Rundschau, 17. August 2012

Der tödliche Unfall vom 04. August macht es deutlich: Der Schwanenplatz ist ein gefährliches Pflaster. Der Anhalteplatz zum Ein- und Aussteigen muss überdenkt werden, da er insbesondere für die schwächeren Verkehrsteilnehmer eine Gefahr darstellt. Nicht viel besser präsentiert sich die Lage auf dem Löwenplatz. Jetzt muss über Alternativen diskutiert werden.

Als Luzerner Fussgänger und Velofahrer meidet man den Schwanenplatz, wenn es nur irgendwie geht. Hordenweise Touristen, die sich besonders in den Sommermonaten vor Uhrengeschäften und Souvenirläden schwarmartig bewegen, erschweren das Durchkommen. Mit ihnen allein könnte man durchaus leben, das grössere Problem stellt der Car-Anhalteplatz dar. In der Hochsaison reicht die Auslastung bis zu 180 Cars pro Tag. Da der Parkplatz nur zum Ein- und Aussteigen ist, löst er Mehr- bzw. Leerfahrten aus. Das Fahrzeug muss auf einem anderen Parkplatz parkiert werden, meist auf dem Inseli. Jeder Car passiert so mindestens dreimal die Seebrücke (wenn er vom Sedel kommt), meistens aber viermal. An einem Tag mit 150 Cars ergibt das 600 Zu­ und Wegfahrten auf dem Schwanenplatz. 300mal einbiegen in das Nadelöhr, 300mal wieder zurück auf die Strasse rausmanövrieren – und das inmitten von Fussgängern, Velofahrern, PW’s und Linienbussen der VBL. Das Chaos ist vorprogrammiert. Die eingesetzten Verkehrsassistenten können die Situation leider nur bedingt entschärfen.

Nicht viel besser sieht es auf dem Löwenplatz aus. Ein Blick auf Google Maps (siehe Bild Seite Seite 3) genügt, um den Platzmangel und das Gefahrenpotential zu erkennen. Jetzt gilt es, die gesamte Situation sachlich zu analysieren und Alternativen realistisch zu diskutieren.

Wer profitiert?

Von der aktuellen Situation profitieren in erster Linie die Uhren- und Souvenirgeschäfte rund um den Schwanen- bzw. den Löwenplatz. Für sie ist es ein Segen, dass die vornehmlich asiatischen Touristengruppen direkt vor der Haustüre abgeladen werden können – denn so verlieren die Reisenden möglichst wenig ihrer wertvollen Zeit. Viele Reisegruppen bereisen ganz Europa innert nur weniger Tage. Da kommt es vor, dass der Car am Morgen vom Berner Oberland zum Uhrenshopping nach Luzern fährt, um gleichentags noch nach Venedig zu düsen. Dazwischen steht der Pilatus auf dem Programm, auf dem sie nur kurz verweilen, um gleich wieder in den Reisecar zu sitzen.

Aufgrund dieser Praxis bedeuten die beiden zentralen Car-Parkplätze einen Standortvorteil. Ein Vorteil, wohlgemerkt, in erster Linie für das Geschäft mit den zahlungskräftigen Touristen. Denn viel mehr als die Uhren- und Souvenirläden kriegen diese Touristen nicht zu sehen. Die Stadt muss sich Gedanken machen, ob sie an Alternativen interessiert ist. Eine bessere Organisation oder kleine bauliche Veränderungen am Schwanen- und am Löwenplatz scheinen kaum möglich. Im Interesse vor allem der schwächeren, aber auch allen anderen Verkehrsteilnehmender und des öffentlichen Verkehrs müssen andere Lösungen gesucht werden. Gefragt sind Varianten, die dem Tourismus nicht schaden, dafür die Situation an den beiden Plätzen verbessern.

Eine Neugestaltung vor allem des Schwanenplatzes ohne Car-Parkplätze wäre eine Chance, das Stadtbild zu verschönern und müsste mit den Plänen für den Grendel kombiniert werden. Der heute hektische Platz könnte so zum schmucken Tor in die Altstadt aufgewertet werden. Auch der Platz zwischen Löwencenter und Bourbaki könnte mit einer alternativen Nutzung umgestaltet und aufgewertet werden.

Was sind die Alternativen?

Ideen zur Veränderung der bestehenden Situation existieren schon lange. Beat Murer, anfangs Jahr Grossstadtratskandidat für die GLP, hat schon 1992 die Motion «Idee eines City-Schiffes endlich in die Tat umsetzen» lanciert. Sie wurde damals zwar in einer Ratssitzung in ein Postulat umgewandelt, blieb aber wirkungslos. Die Idee Murers, die er Ende April in einer Kolumne wieder aufrollte, ist einfach: Die Touristen werden bei der Lido-Schiffanlegestelle ausgeladen und der Car könnte beim bereits vorhandenen Parkplatz bei den Tennisplätzen parkiert werden. Die Touristen könnten dann per Schiff-Shuttle zum Schwanenplatz und wieder zurück fahren. Ein Vorteil dieser Variante wäre, dass der Verkehr damit nicht zusätzlich belastet wird. Ob die Touristenströme ins Schiff zu bewegen sind, das im Vergleich doch eher gemächlich unterwegs ist, bleibt dabei aber fraglich.

Neben dem Schiff-Shuttle wäre auch ein Bus-Shuttlebetrieb vorstellbar. Dafür müsste man einen geeigneten Standort für einen grossen Car-Parkplatz am Stadtrand finden, von wo aus die Touristen per Shuttlebus ins Zentrum und wieder zurück befördert werden können. Damit wären zumindest die unsinnigen Leerfahrten verhindert. Fraglich ist, wie lange die Beförderung ins Zentrum dauern würde, vor allem zu Hauptverkehrszeiten.

Ende Juli war in der neuen Luzerner Zeitung von der Vision eines unterirdischen Altstadt-Parkhauses zu lesen. Ein- und Ausfahrt wären dabei bei der Geissmattbrücke. Für die Fussgänger gäbe es einen Ausgang bei der Museggmauer und einen beim Falkenplatz. Der Neubau eines solchen Projektes dürfte aber extrem aufwändig und teuer werden. Die Vorteile hingegen liegen auf der Hand: Die Besucher hätten einen kurzen Weg ins Zentrum und die Seebrücke wäre vom Verkehr entlastet.

Auch das ersatzlose Streichen des Anhalteplatzes auf dem Schwanenplatz wäre eine Möglichkeit. Dann müsste auf die anderen Car­Parklätze ausgewichen werden. Viele Besucher müssten dann wohl vom Inseli in die Stadt hinein laufen. Zudem würde der Platz auf den restlichen Parkplätzen kaum ausreichen.

Neben diesen Varianten dürfen auch radikale Visionen in die Diskussion einfliessen. Bei einer Variante mit einem Shuttlebetrieb kann auch der öffentliche Verkehr mit neuen Lösungen gefordert sein. Über eine Reaktivierung des Tramnetzes, welches 1961 in Luzern eingestellt wurde, könnte genau so zu diskutieren sein wie über eine Fussgängerzone zwischen Bahnhof und Hofkirche, die nur mit dem Velo und dem öffentlichem Verkehr zu durchfahren wäre.

Politik gefordert

Die Politik ist nun gefordert, die bestehenden Ideen aufzunehmen, neue Visionen auszuarbeiten und Machbarkeiten zu prüfen. Die SP/ JUSO Fraktion hat im Namen von Dominik Durrer und Nico van der Heiden eine Interpellation beim Stadtparlament eingereicht. Sie glauben nicht an eine schnelle infrastrukturelle Lösung (Alternative Haltemöglichkeiten für Car-Parkplätze). Vielmehr wollen sie in einem ersten Schritt vom Stadtrat wissen, was kurzfristig unternommen werden kann, um die Situation vor Ort vor allem für Fussgänger und Velofahrer zu verbessern. Sie fragen aber auch, welche Massnahmen zum Schutz der schwächeren Verkehrsteilnehmer bei der Neugestaltung des Schweizerhofquais getroffen wurden und ob die Verkehrsassistenten, welche die Cars am Schwanenplatz einweisen, ihre Aufgaben auch zur Sicherheit der Velofahrer und Fussgänger wahrnehmen können. Zudem wollen sie wissen, ob der Stadtrat bereit ist, über langfristige Alternativen zu diskutieren und welche Möglichkeiten er als nachhaltig erachtet. Mit diesen Fragen muss sich der Stadtrat auseinandersetzen.

Neben der Politik sind aber auch aktive Bürgerinnen und Bürger gefragt, die sich konstruktiv an der Diskussion beteiligen und auf Verbesserungen pochen.

Beitragsbild: GoogleMaps


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