«Ein Luzerner identifiziert sich über die Kultur»


Fiktive Selbstbefragung für die Redaktionsstelle bei 041 Das Kulturmagazin, 18. August 2013

Die Sonne scheint unnachgiebig, das Thermometer zeigt warme 28 Grad. Die Strassen sind leerer als üblich. Das Leben in Luzern findet an diesem Sonntagnachmittag am Wasser oder in den Bergen statt. Ich treffe mich selbst aber zu Hause in einem gelben, etwas schmuddelig wirkenden Wohnblock. 3. Stock, im kleinen Bad eine Dusche mit Gas-Durchlauferhitzer und einer Sitzbadewanne, in der Stube eine grosse Weltkarte an der einen Wand, die andere vollgepflastert mit Postkarten aus aller Welt. Ein kleiner Balkon mit überquellenden Aschenbechern fügt sich an das Wohnzimmer an. In der Küche hängt der Duft von frisch gebrühtem Kaffee. Ich sitze am Schreibtisch, starre an die mit zwölf Holzrähmen bestückte Wand und befrage mich selbst über die Kultur.

Was verstehst du unter Kultur?
Für mich ist Kultur etwas Aktives, etwas Gestaltendes, was im öffentlichen Raum stattfindet. Kultur ist alles das, was über Arbeit und Konsum hinausgeht und ist damit eine Art Kitt. Ein Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält.

Ist das nicht etwas kitschig formuliert?
Nein, ich glaube daran, dass Kultur Identität stiftet. Luzern mit einem lebendigen Mix zwischen etablierter und alternativer Kultur ist da ein gutes Beispiel. Ein Luzerner/ eine Luzernerin identifiziert sich über die Kultur der Stadt. Darum ist es auch so immens wichtig, dass sie, in welcher Form auch immer, nicht nur noch am Stadtrand stattfinden darf. Ein Zentrum ohne Kultur ist steril und anonym wie ein grosser Einkaufstempel – kein Ort, an dem man leben und, wichtiger, am Leben teilhaben möchte, als Teil einer Gesellschaft.

Das klingt alles ziemlich theoretisch. Was zeichnet das kulturelle Leben in Luzern konkret aus?
Luzern zeichnet den einzigartigen Mix aus etablierter und alternativer Kultur aus. Zu Luzern gehört das Lucerne Festival genau so wie das B-Sides auf dem Sonnenberg. Das KKL wie der Sedel, das Luzerner Theater wie der Südpol, das Blue Balls wie der FCL, die Uni wie die Hochschule, das Pravda wie das Treibhaus, Dada Ante Portas wie Weekend Phantom, Jazz wie Klassik wie Rock, das Kunstmuseum wie das Verkehrshaus, Slam Poetry wie Lesungen. Die Aufzählung liesse sich beliebig erweitern.

Wie identifizierst du dich mit Luzern?
Ich bin in Schüpfheim aufgewachsen, im „wilden Westen“ von Luzern. Identifiziert habe ich mich aber bald nicht nur als Entlebucher, sondern eben auch als Luzerner. Die Stadt war der Ort, wo etwas lief. Ich kann mich noch gut an mein erstes Openair, das Funk am See erinnern. Oder an mein erstes Konzert in der Schüür. An die alte Allmend sowie an eine Matinée im KKL mit meiner Gotte. Auch an meinen ersten Kinofilm im Limelight und an Bertold Brechts Dreigroschen Oper im Luzerner Theater. Dann die Universität und das Studentenleben. All diese „Entjungferungen“ stiften Identität und ein Gefühl von Heimat.

Was sind deine kulturellen Schwerpunkte?
Ich tue mich immer etwas schwer mit dieser Frage. Ich gehe gerne in anspruchsvolles Theater und Kino. Anspruchsvoll im Sinne einer geistigen Herausforderung. Ich lese gerne und höre gerne Musik, am liebsten an einem kleinen, intimen Konzert oder zu Hause. Mein Kulturradar kennt aber keine Grenzen. Besonders fasziniert bin ich immer dann, wenn sich Kultur, Gesellschaft und Politik auf irgendeine Weise begegnen, bezirzen, befruchten oder auch bekämpfen.

Warum hast du dich beim „041 – Das Kulturmagazin“ beworben?
Das Kulturmagazin agiert exakt an dieser Schnittstelle. Die Arbeit der IG Kultur ist auf kulturpolitischer Ebene extrem wertvoll. Das Magazin selbst ist in Luzern nicht mehr wegzudenken. Mit Recherchen, Reportagen und Themenheften beeinflusst es den gesellschaftlichen Diskurs über das kulturelle Leben in und um Luzern. Besonders wichtig erscheint mir hierbei die spartenübergreifende Herangehensweise. Hier soll das komplette kulturelle Leben Platz haben. Kurz: Das Kulturmagazin ist ein wichtiges und sinnvolles Produkt, an dem ich ungemein gerne mitarbeiten würde.

Wie sinnvoll ist es, im Zeitalter der Gratiszeitungen und Newsportale ausgerechnet auf ein Printmagazin zu setzen?
Ich glaube fest daran, dass dem gedruckten Wort auch in Zukunft eine Bedeutung zukommt und dass die Menschen bereit sind, für gut recherchierte Reportagen, Hintergrundberichte und Kommentare etwas zu bezahlen. Gerade wenn man mit Newsfluten überspült wird, wie das heute oft passiert, kommt dieser Selektion eine umso grössere Bedeutung zu.


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