Erschienen in der Luzerner Rundschau, 29.03.2014
Christian „Chregu“ Wandeler ist das Epizentrum des Luzerner Fussballs. Ob als Fanarbeiter beim FCL, Mitinitiator des tschutti heftli oder der Alternativ Liga Luzern. Wir haben mit dem Fussballnarren gesprochen.
Die Alternativ Liga Luzern (ALL) ist das jüngste Kind des Fussballverrückten Christian „Chregu“ Wandeler. Nur: davon weiss kaum jemand etwas. Kurz vor dem Rückrundenstart am Montag, 7. April, haben wir ihn im Fanlokal Zone 5 getroffen, wo auch die Büroräumlichkeiten der Fanarbeit liegen.
Was bedeutet dir der Fussball?
Fussball nimmt einen wichtigen und sehr grossen Teil in meinem Leben ein! Ich mache es auch gerne. Es hat mich seit meiner Kindheit begleitet. Heute lebe ich den Traum, meine Arbeit im Fussballbusiness zu verrichten. Und auch privat meine Ideen, die sich um den Fussball kreisen, zu verwirklichen.
Eine Idee ist ja die Alternativ Liga Luzern. Wie ist das entstanden?
Wir sind jetzt aktuell in der zweiten Saison. Die Idee schwebte längere Zeit in der Luft des Kick’n’Rush Universums. 2011 habe ich Bene Koller und Thomi Moser am Kick’n’Rush Turnier kennengelernt und wir fanden, dass eine Alternativ Liga super wäre. So, dass man sich regelmässig untereinander messen kann, ohne dass es aber in einer sturen Form stattfindet. Aus dieser Bieridee ist es dann ziemlich schnell konkret geworden.
Das hat Luzern ja auch gefehlt. Andere Städte wie Zürich, Bern und Basel kicken schon länger auch alternativ.
Uns kann man aber mit Zürich oder Bern nicht vergleichen. Bei uns läuft es momentan eher auf Sparflamme. Aber wir haben schon die Idee, dass wir mal grösser werden. Das Interesse wäre auf jeden Fall da.
Wer spielt den zurzeit in der Alternativ Liga?
Das ist recht breit. Ob Jungwacht, Veranstaltungssektor, FCL Fanszene, traditionelle Kick’n’Rush Teams oder Kickerfreunde, alle kicken bei uns. Damit decken wir eine extreme Breite ab. Das ist auch ein Gewinn am Ganzen: Das Leute zusammen auf dem Feld stehen, die sonst wahrscheinlich nie miteinander in Berührung kämen.
Was gibt es für weitere Gründe, warum es eine Alternativ Liga braucht?
Das Bedürfnis, Fussball nicht in einem Vereinssetting zu spielen ist schon relativ gross. Das erlebt man auch, wenn man im Sommer durch die Stadt geht: es wird überall gekickt! Die AL gibt dem eine Form, dass man sich regelmässig gegen andere Messen kann. Das Bedürfnis wurde vorher bestimmt nicht gestillt.
Wie steht ihr zur Öffentlichkeit? In Luzern weiss kaum jemand, dass es die AL gibt. Ihr habt keine Homepage. Macht ihr das bewusst?
Das hat sich durch den Umstand ergeben, dass es in der Stadt nicht viele Fussballplätze zur Verfügung hat. Wir müssen um die Plätze, die wir jetzt haben, schon ziemlich kämpfen. Von dem her sind wir auch nicht auf Werbung oder Öffentlichkeit angewiesen. Wir müssen Teams, die gerne mitspielen würden, momentan eher vertrösten. Darum wirkt es auch eher wie Untergrund.
Ist das der Sinn?
Nein, das soll es eigentlich nicht unbedingt sein. Aber wir haben bisher nicht das Gefühl gehabt, wir müssten gross an die Öffentlichkeit. Wir können das zusätzliche Bedürfnis schlicht nicht abdecken.
Wie organisiert ihr die Liga?
Momentan liegt die Organisation primär bei mir, da Thomi Moser in Berlin weilt und Bene Koller im Moment aus zeitlichen Gründen etwas kürzer tritt. Wobei das keine riesen Sache ist. Es gehört zu unserem Konzept, dass man sich gegenseitig hilft und zueinander schaut. Das beginnt damit, dass wir keine Schiedsrichter haben – wir diskutieren einfach kurz miteinander. Das ist auch beim organisieren so. Die Aufgaben werden auf viele verschiedene Schultern verteilt.
Was für ein Modus wird in der AL gespielt?
Wir sind acht Teams. Es gibt vier Spieltage in der Vorrunde und vier in der Rückrunde. An einem Spieltag hat jedes Team zwei Spiele. Ein Spiel geht zweimal 20 Minuten auf das kleine Feld. Pro Team spielen inklusive Goalie sechs Leute. Einen Schiedsrichter gibt es nicht, das funktioniert auch ziemlich gut. So wird getschuttet, am Schluss sammle ich die Resultate ein und erstelle die Tabelle. Ende der letzten Saison hatten wir im Zone 5 Fanlokal eine Abschlussfeier mit Siegerehrung und der Auszeichnung der besten Spieler.
Gibt es auch ein Rahmenprogramm an den Spieltagen? Einen Bierwagen und viele Zuschauer?
Zuschauer haben wir überraschenderweise recht viele (lacht). Schade ist, dass wir kein Catering zur Verfügung haben. Das ist etwas, woran wir zurzeit noch rum Hirnen, wie wir dem entgegenkommen können. Es wäre schön, wenn wir nach dem Spiel die Möglichkeit hätten, zusammen etwas zu trinken und man sich so auch noch etwas anders kennen lernen könnte. Jetzt ist es so, dass die Leute um 22 Uhr, wenn das zweite Spiel zu Ende ist, einfach gehen.
Wie ist das Spielniveau?
Hoch! Überraschend hoch (lacht). Am Anfang dachten wir, mit meinem ersten Team «tschutti heftli», dass wir da durch spazieren können. Dann bekamen wir die ganze Zeit auf die Kappe.
Ihr wart ja damals Kick’n’Rush Sieger?
Genau, ja.
Also ist das Niveau in der AL bedeutend höher?
Ich würde sagen, ja. Es ist ambitioniert, aber trotzdem fair. Wir haben einige Ex-Profis bis hin zum Laienfussballer, die zusammen auf dem Platz stehen.
Bei welchem Team spielst du jetzt?
Independiente Neustadt.
Du wohnst in der Neustadt?
Nicht mehr (lacht), seit dem letzten Januar.
Ist das kein Problem?
Das wird sich noch zeigen …
Wo hat deine Fussballerkarriere begonnen?
Beim FC Schötz, als Junior. Im Hinterland, klassisch im Verein. Nachdem ich in die Stadt gekommen bin habe ich beim FC Kickers gespielt. Vor allem aber auch unter der Woche irgendwo auf einem Platz in der Stadt mit jensten Leuten.
Dann bist du ja auch noch beim tschutti heftli mit dabei. Herrscht da, kurz vor Erscheinen der Sammelbilder am 12. April, Tschuttibeldli-Stress?
Bei mir eher weniger. Silvan Glanzmann hat dort den Hauptpart.
Verteilt ihr die Bilder noch immer in Handarbeit in die Tütchen?
Nein. Das haben wir unseren Rücken zu liebe aufgehört. Wir drucken inzwischen sogar bei Panini. Das Ganze hat etwas grössere Dimensionen angenommen, weil die Nachfrage wirklich recht gross ist. In der Ursprungsform könnten wir der nicht mehr gerecht werden. Darum sind wir, böse gesagt, kommerzieller geworden. Haben aber dennoch unseren alternativen Touch behalten.
Das Kommerzielle und das Alternative halten bei dir ja irgendwie die Waage, nur um den Fussball dreht es sich immer.
Also die Arbeit als Fanarbeiter für den FCL ist zu wenig kommerziell (lacht). Sonst müsste ich mehr verdienen. Ich sehe die Arbeit auch nicht im kommerziellen Bereich angesiedelt.
Die Fankultur an sich hat ja auch nichts kommerzielles, das stimmt.
Ja, genau. Aber ich verdiene mein Geld dank dem FC Luzern. Das ist für mich eine schöne Möglichkeit, an diesem Business teilzuhaben.
Die Fanarbeit gibt es nun seit sieben Jahren. Wie entwickelt sich das?
Ich glaube grundsätzlich gut. Wir haben uns etabliert in diesen Jahren, vor allem bei den Partnern, mit denen wir regelmässig zu tun haben. Wir konnten uns so weit positionieren, dass es heute schwierig wäre, die Fanarbeit wegzustreichen. In Zeiten der Sparmassnahmen ist es vor allem finanziell nicht einfach für uns – trotz unseren Erfolgen.
An was für Erfolge denkst du?
Zum einen an die Wahrnehmung. Aber die ist natürlich subjektiv. Ich finde, wir haben eine extrem kreative Fankultur hier in Luzern, die sich hinsichtlich der Gewalt rund um Fussballspiele über die letzten acht Jahre enorm verbessert hat. Da konnten wir unseren Teil sicher beitragen. Zum anderen das Fanlokal Zone 5. Wir konnten mitbewirken, dass es diesen Raum gibt und noch immer gibt.
Woran arbeite ihr im Moment?
Es gibt immer wieder neue Projekte. Je nach Bedürfnissen und Situation. Aktuell sind wir am Jugendprogramm «Ragazzi Lucerna», mit dem 10- bis 16-jährige Fans an eine aktive und kreative Fankultur herangeführt werden sollen. Sonst arbeiten wir eher situativ an Problemen, für die wir zusammen mit den verschiedenen Parteien eine Lösung suchen.
Ihr seid zu zweit, oder?
Ja genau. Die Nähe zwischen dem Verein und seinen Fans ist uns wichtig. Die ging in den letzten Jahren eher verloren. Wir versuchen diese Bindung wieder zu verstärken.
Was gibt es für dich neben dem Fussball?
(lacht) Gute Frage. Ich gehe gerne ins Kino, lese gerne und versuche mich in der Luzerner Kulturszene auf dem laufenden zu halten und bin ganz allgemein daran interessiert, was auf dieser Weltkugel alles so abläuft.
Wer wird Meister in der AL?
Wir sicher nicht, wir sind ein dankbarer Punktelieferant. La Morsa wird wohl erneut nicht zu schlagen sein.
Die wurden schon im letzten Jahr Meister?
Ja. Die sind schon ziemlich stark. Deportivo Menotti musste Punkte abgeben, die können ihnen wohl am ehesten noch ein Bein stellen. Mit Lokomotive Luzern sehe ich zudem einen Neuling ziemlich weit vorne. Für die anderen heisst es: gut positionieren.
Wie siehst du die Zukunft der AL, vor allem hinsichtlich der Platzfrage?
Ich hoffe, dass sich da etwas machen lässt. Wir deponieren das natürlich auch regelmässig. Wie gesagt, Anfragen hätten wir genug, um die Liga grösser aufzuziehen. Ich muss aber auch sagen, dass ich dankbar bin, dass die Stadt uns die Plätze zur Verfügung stellt.
Gegen Miete, nehme ich an?
Natürlich. Jedes Team bezahlt einen Beitrag, insgesamt 200 Franken pro Jahr. Aber ich finde das nicht selbstverständlich, dass wir auch die Garderobe und so benützen können. Eine schöne Leistung, die wir da geniessen können!
Beitragsbild: Nick Schwery