unveröffentlicht.
denkende ich-erzähler – bernhard und sebald –, mal ausufernd zynisch, mal versöhnlich ausgewogen. gedankenschwall vs. strukturierte erinnerung. ich liege im garten, lausche, suche gedanken, die meinen kugelschreiber über das papier gleiten lassen, blicke nach vorne, zum umgekippten feigenbaum, lasse mich von kötern ablenken, die tagein tagaus bellen, was ihnen, die in zwingern eingekerkert leben, kaum vorzuwerfen ist, schweife meinen blick nach rechts zu den olivenbäumen, höre möven gurren und wind rauschen, denke, dass es sich so leben lässt. am morgen ein sprung ins meer, danach essen, lesen, schreiben (falls es denn passiert) reden, trinken, essen, dahinleben in einer fast internetfreien zone, kommunikation und aufmerksamkeit reduziert, auf sich zurückgeworfen, ohne meine zeit mit newsfeeds zu vertreiben, denke ich, und werde es, kaum zu hause, doch kaum lassen können.
ich frage mich, warum das so ist, woher dieser wunsch – offenbar ist es einer – kommt, immer up-to-date zu sein, fb, twitter, instagram aufs neue zu aktualisieren, e-mails zu checken. ist es, weil ich kaum mehr weiss, was anderes zu tun? dann würde es sich nicht falsch anfühlen, denke ich. warum dann? ist es schlicht und einfach eine sucht? aber, denke ich, kann es eine sucht sein, wenn der verzicht sich so gut anfühlt? (auch wenn ich dafür nach sardinien reisen muss.) wie kann ich all die leute verachten, die sich am strand vor dem selfiestick in pose werfen, vor sich selber, um sich im besten licht abzulichten, um ein bild von sich selbst zu machen, sich quasi zu konstruieren oder ihre konstruktion aufrecht zu erhalten oder sich neu zu erfinden wo sie doch nur machen, was als tugend erscheint? ich denke, dass der spiegel sich verändert hat, dass man sich in den sogenannt sozialen medien spiegelt. spieglein spieglein auf dem netz. die identitätsmöglichkeiten, denke ich weiter, liegen auf der hand, sie erklären selfiesticks und co – aber nicht den konsum dieser plattformen, nicht das schwer zu beschreibende gefühl, das mich antreibt, diesen mix aus spiegelbildern, news und trackingereignissen zu konsumieren, ich kann es kaum anders bezeichnen. währenddessen bellt nachbarsköter munter, winselt zwischendurch, weigert sich aber der laut vorgebrachten aufforderung nach ruhe nachzugeben. ich denke, je mehr sich kommunikation erleichtert, desto schwieriger ist sie. keine woche, ohne mitteilungszwänge. umso mehr kommuniziert wird, umso grösser ist die wahrscheinlichkeit für missverständnisse, für fehlinterpretationen gar dann, wenn nicht kommuniziert wird, obwohl eben kommuniziert werden könnte, man muss, so denke ich, wieder vermehrt lernen, los zu lassen. die dauernde erreichbarkeit hat züge der überwachung. eine überwachung, in der überwacher und überwachte nicht zu trennen sind. ihre unterscheidung ist unmöglich geworden, denke ich, weil es immer auch die selbstüberwachung miteinschliesst, weil selbst- und fremdwahrnehmung dauernd ausgehandelt werden und selbstoptimierung selbstverständlich erscheint und den blickwinkel des anderen immer miteinschliesst. die plattformen verstehen es aber auch, denke ich, nun sitzend, die der kommunikation inne wohnende unsicherheit (oder gar unmöglichkeit) zu reduzieren, in dem sie zu echoräumen werden, zu räumen ohne widerstand, in der anders denkende fast zum verschwinden gebracht werden. ich denke an den hering, der sich, nachdem er die ersten zwei monate seines lebens auf sich selbst gestellt war, für den schwarm entscheidet und frage mich, wie ein leben jenseits der schwärme wohl aussehen würde, wie man das vermeintlich einfache – das reduzierte – erreichen kann.